Ingo Biermann
8. August 2023

SAP ERP und SAP S/4HANA im Vergleich

SAP S/4HANA Einführung

SAP S/4HANA ist die vierte und damit neueste Generation des SAP Kernprodukts zur ERP. S/4HANA soll eine innovative Lösung sein, die viele Neuerungen und Vereinfachungen mit sich bringt und mehr als nur das nächste ERP-Upgrade ist. Was aber macht SAP S/4HANA so besonders und wie genau unterscheidet es sich von seinem Vorgängermodell SAP ERP?

Technische Grundlagen von S/4HANA und ERP

Die technische Basis zwischen SAP ERP und S/4HANA bleibt größtenteils bestehen. Die neue Version von NetWeaver, die Infrastruktur bildende Plattform von SAP, NetWeaver 7.5, bringt zwar auch viele Neuerungen mit sich, die meisten bewährten Konzepte bleiben aber bestehen. Bpsw. bleiben die Programmiersprache ABAP, OpenSQL für die Datenbank, das Berechtigungsdesign mit PFCG Rollen sowie IDOCs, RFC und RZ10 Profilparameter bei S/4HANA bestehen.

Die mit S/4HANA eingeführten technischen Innovationen sind zwar durchaus beachtlich, wirken aber nicht disruptiv. So kommen bspw. neben OpenSQL auch CDS Views für einen direkten Datenbankzugriff in Frage und als moderne Alternative zu SE80 gibt es nun Eclipse als neue Entwicklungsumgebung.

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Fiori als führendes Bedienkonzept

Viele bezeichnen SAP Fiori als ein Paradigmenwechsel für S/4HANA. Doch warum ist das eigentlich so? Schließlich können SAP-Kunden Fiori Apps schon seit Jahren auch im SAP ERP verwenden. Außerdem können Sie Fioris „Quasi-Vorgänger“ SAP GUI auch bei S/4HANA noch fast vollständig als Benutzeroberfläche einsetzen.

Und trotzdem stellen S/4HANA und die Einführung von Fiori einen Wendepunkt dar, der die Softwarelösungen von SAP grundlegend verändert. Fiori und die damit verbundenen Konzepte und Apps werden nämlich erstmalig zum führenden Standard für die Nutzer, die üblicherweise über das Fiori Launchpad einsteigen.

Die grundlegenden Merkmale aller Fiori-Anwendungen sind die fünf Designprinzipien

  1. Anpassungsfähigkeit,
  2. Kohärenz,
  3. Einfachheit,
  4. ansprechende Gestaltung und
  5. Rollenbasiertheit.

DiesePrinzipien sollen in S/4HANA großflächig in allen Bereichen zum Einsatz kommen. Auf diese Weise sind sie effektiver als nur in Form von Insellösungen in einzelnen Apps. Während SAP die Weiterentwicklung und Innovation von SAP Fiori immer weiter vorantreibt, verlieren SAP-GUI-Transaktionen diametral immer mehr an Bedeutung und Relevanz, bis sie irgendwann gar keine Rolle mehr spielen werden.

Das HANA In-Memory-Potential

SAP HANA ist die In-Memory-Datenbank, die als Basis für S/4HANA dient. Im Grunde gibt es drei Ausbaustufen für den Einsatz von HANA als Datenbankplattform:

  1. SAP ERP on „any DB“ – die bekannte SAP ERP Software auf einer der bisher bekannten Datenbanken
  2. SAP ERP on HANA – die bekannte SAP ERP Software mit einem stärkeren „Motor“
  3. SAP S/4HANA – neue Software mit neuem Motor

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, der Quantensprung in der Leistungsfähigkeit findet nicht zwischen den ersten beiden, sondern erst zwischen Schritt zwei und drei statt.

Der einfache Einsatz der HANA Datenbank in Schritt zwei bedeutet bereits einen deutlichen Performancevorteil gegenüber dem Einsatz von „any Database“. Und zwar nicht aufgrund einer verbesserten Nutzung, sondern allein durch die Verbesserung der Datenbankplattform. Ganz gemäß dem legendären Ansatz von SAP gegen Performanceprobleme – KIWI: „Kill It With Iron“.

Erst die Überarbeitung des SAP ERP Softwarestacks mit Blick auf die Möglichkeiten der neuen Datenbanktechnologie nutzt das Potenzial aber richtig aus. Optimierung des Datenmodells, Vereinfachung der Zugriffswege, Einsatz von CDS-Views etc. führen zu tatsächlich realisierten Geschwindigkeitsgewinnen.

So fallen nicht mehr benötigte Salden und Indizes sowie Performance-Workarounds und Nebenaufschreibungen weg, wodurch da Echtzeitberechnungen möglich werden, wo bisher noch nächtliche Berechnungsläufe notwendig waren.

Cloud- und On-Premises-Option

Obwohl auch bei SAP ERP ein Hosting (also eine private Cloud-Option) zur Verfügung steht, ist hier eher die On-Premises-Deployment-Option üblich. Auch mit S/4HANA steht diese Option weiterhin zur Verfügung. Dafür kaufen Sie wie gewohnt Hardware, installieren ein Betriebssystem (hier ist allerdings nur LINUX möglich) und anschließend die S/4HANA-Software.

Außerdem ist mit der Multi Tenant Edition (MTE) nun im Unterschied zu SAP ERP auch eine Cloud Computing oder Software-as-a-Service (SaaS) Variante möglich. Das bedeutet, dass SAP die Software sowie dafür benötigte Updates als Dienstleistungen bereitstellt und dabei Hardware und Server transparent bleiben. Alle Kunden arbeiten hier auf der gleichen Cloud-Software mit getrennten Daten.

Das Individualisierungskonzept der Cloud-Option unterscheidet sich deutlich von der herkömmlichen On-Premises-Option: Die bekannte ABAP-Programmierung im System befindet sich in der S/4HANA Cloud Edition und wird durch das Konzept der Side-by-Side-Erweiterung mit Hilfe der SAP Business Technology Platform (SAP BTP) abgelöst. In der Theorie sind natürlich auch damit individuelle Erweiterungen möglich – das architektonische Paradigma ist aber ein gänzlich Anderes.

Interessanterweise stammen sowohl die On-Premise- als auch die SaaS-Version von S/4HANA aus der gleichen Code-Linie der SAP. Aus dieser werden jedes Jahr drei Cloud-Only-Releases gebildet, die dann zusammengenommen das On-Premises-Release im Herbst bilden. Wie für S/4HANA typisch, wird das Release von der Versionsnummer 1809 oder 1909 gekennzeichnet sein.

SAP S/4HANA Einführung

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Der digitale Kern von S/4HANA

Die Positionierung von S/4HANA als digitaler Kern des Unternehmens bedeutet gleichzeitig, dass bestimmte Themenbereiche wie die New-Dimension-Produkte der Business Suite nicht mehr abgebildet werden. SAP möchte das Modul SAP SRM (Supplier Relationship Management) für die Beschaffung gerne durch ihren Cloud-Marktplatz Ariba ersetzen und bietet dafür jetzt das Produkt S/4HANA Central Procurement an.

Auch SAP CRM findet sich auf dem Abstellgleis wieder. Hier heißt der neue Schnellzug, die neue Suite für das Customer Relationship Management, SAP C/4HANA. Allerdings existieren mit dem S/4HANA Customer Management (CM) noch einige Funktionen des CRM in S/4HANA.

Simplification

Das S in S/4HANA steht für „simple“, da es den Entwicklern wichtig war, der vielseitigen Vereinfachung, die S/4HANA im Gegensatz zu SAP ERP darstellt, Ausdruck zu verleihen. Den Grund dafür kennen Sie wahrscheinlich selbst nur zu gut: SAP ERP besticht nicht grade durch Benutzerfreundlichkeit und einfache Handhabung.

Im Zuge der Simplifications wurden viele Funktionen entweder 1:1 übersetzt oder werden in S/4HANA in ähnlicher Weise unterstützt. Was genau in welcher Weise geändert wurde, können Sie der sogenannten „Simplification List“ entnehmen. Im Gegensatz zu EHPs für SAP ERP, die Erweiterungen für das System darstellten, garantiert S/4HANA keine Abwärtskompatibilität. So besteht für die Funktionen, die in der neuen zukunftsorientierten Plattform keinen Platz mehr haben sollen, keine Kompatibilität mit S/4HANA, sodass diese als veraltet gelten können.

Fazit

Zusammengefasst finden Sie in SAP S/4HANA viel von dem wieder, was Sie bereits aus SAP ERP kennen, ergänzt durch einige Verbesserungen und Vereinfachungen, besonders in den Bereichen Usability und Mobilität. Aus diesem Grund sollte der Umstieg von ERP auf S/4HANA auch kein Problem geschweige denn eine unlösbare Aufgabe für Sie darstellen. Etwas mehr Aufwand als für ein gewöhnliches EHP Upgrade müssen Sie zwar betreiben, aber der lohnt sich allemal!

Ob Ihr System S/4HANA bereit ist, können Sie dem SAP Readiness Check entnehmen:

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Ingo Biermann

Ingo Biermann

Als Management- und Technologieberater unterstütze ich seit mehr als 15 Jahren große und mittelständische Unternehmen in Fragen der IT-Strategie und bin unterwegs in unterschiedlichen SAP-Themen wie SAP S/4HANA, User Experience und SAP Entwicklung.

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