EDI-Dokumente mit Ihren Partnern austauschen – so geht’s!
Stellen Sie sich vor, ein Geschäftspartner kommt auf Sie zu mit der Idee „Lass uns EDI machen, damit verbessern wir unsere Abläufe und verringern die Fehlerquote“. Klingt gut, oder nicht? Und dann geht es los: Welcher Standard soll verwendet werden? Welche Dokumente sollen ausgetauscht werden? Nachfolgend möchte ich Ihnen einen Überblick geben, welche Austauschformate es gibt und wie ein Austausch funktionieren kann.
Inhaltsverzeichnis
Die Grundidee von EDI ist der Austausch elektronischer Geschäftsdokumente. Wurden bisher beispielsweise Bestellungen, Bestellbestätigungen oder Lieferungen per Post, per Fax oder per Mail verschickt und beim Empfänger manuell verarbeitet, soll nun der Versand, der Empfang und die Verarbeitung auf Empfängerseite elektronisch erfolgen. Diese Idee ist nicht neu. Aufgrund der Vorteile dieser Form des Datenaustausches, die ich in einem anderen Beitrag beleuchte, wurden weltweit Standards für die elektronischen Datenformate festgelegt.
Verschiedene EDI-Standards für verschiedene Anforderungen
Die erste Erkenntnis im Dschungel der EDI-Begriffe ist: EDI ist nicht gleichbedeutend mit EDIFACT. EDIFACT (formal korrekt UN/EDIFACT) ist ein von der UN-Einrichtung CEFACT definiertes Standardformat. Als internationaler Standard ist EDIFACT sehr weit verbreitet, vor allem in Europa. Er bietet in vielen Unternehmen und Branchen das gemeinsame Verständnis, wie die Daten versendet und gelesen werden, damit Sender und Empfänger sicher damit arbeiten können.
In den USA zum Beispiel erfreut sich ein anderer Standard großer Beliebtheit, nämlich ANSI ASC X12, der schon vor EDIFACT bestand und die Basis für die UN-Normierung bildet. Die beiden Standards unterscheiden sich im Aufbau der Nachrichten, die verschickt werden. Schon hier stellt sich die Frage: Was ist zu tun, wenn ich als Unternehmen EDIFACT nutze und mein amerikanischer Geschäftspartner aber ANSI ASC X12? Aufgrund dieser Fragestellungen gibt es Regeln zur Übersetzung von EDIFACT in ANSI ASC X12 und andersrum, damit internationale Partner erfolgreich elektronisch Daten austauschen können.
Zusätzlich zu den beiden „großen“ Standardformaten gibt es noch weitere Ausprägungen:
- Zu UN/EDIFACT existieren sogenannte Subsets. Das sind auf bestimmte Branchenbedürfnisse angepasste oder auf für diese Branchen relevante EDIFACT-Definitionen reduzierte Teilmengen des großen EDIFACT-Standards. Darunter fällt zum Beispiel ODETTE als Subset für die Automobilbranche.
- Auch zu ANSI ASC X12 existieren Subsets wie VICS für die amerikanische Groß- und Einzelhandelsbranche, inklusive ihrer Lieferanten.
- Andere Branchen haben spezielle Standards für die eigenen Bedürfnisse definiert. SWIFT dient zum Beispiel Finanzinstitutionen für die Kommunikation untereinander.
Was sind EDI-Dokumente?
Weniger abstrakt gesprochen definieren alle diese Standards feste Formate, in denen Geschäftsdokumente ausgetauscht werden. Solange der Sender seine Dokumente in dieser Form übermittelt, weiß der Empfänger exakt, welche Informationen wo zu finden und wie zu lesen sind. Dadurch werden Unklarheiten und unnötige Abstimmungen aus der Welt geschafft – gleiches Format, gleiches Verständnis.
Geschäftsdokumente gibt es wirklich viele. Daher möchte ich Ihnen ohne große Erklärung ein paar Beispiele nennen, für welche Dokumente z. B. EDIFACT ein standardisiertes Format vorgibt:
- Bestellungen,
- Antworten auf eine Bestellung (häufig als „order response“ bezeichnet),
- Rechnungen,
- Lieferavis,
- Buchungsbestätigungen,
- Transport-/Speditionsaufträge u. v. m.
Sie merken schon – das sind Geschäftsdokumente, mit denen viele Unternehmen im täglichen Ablauf zu tun haben. Eine elektronische Verarbeitung hat hier entsprechend enormes Potenzial zur Optimierung der Abläufe.
UN/EDIFACT
United Nations/Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport ist der internationale Standard, der von den Vereinten Nationen entwickelt wurde. Die Pflege und Weiterentwicklung dieses Standards erfolgt durch das United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic Business (UN/CEFACT), das der UN-Wirtschaftskommission für Europa untersteht. Der EDIFACT-Standard bietet eine Reihe von Syntaxregeln zur Strukturierung, ein interaktives Austauschprotokoll und eine Reihe von Standardnachrichten, die den länder- und branchenübergreifenden Austausch elektronischer Geschäftsdokumente ermöglichen. EDIFACT ist in ganz Europa weit verbreitet, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass viele Unternehmen den Standard schon sehr früh übernommen haben. EDIFACT hat sich auch in der ASPAC-Region durchgesetzt, allerdings werden in dieser Region derzeit mehr XML-basierte Standards verwendet.
Tradacoms
Dies ist ein früher EDI-Standard, der vor allem im britischen Einzelhandel verwendet wurde. Er wurde ursprünglich 1982 als Implementierung der UN/GTDI-Syntax, einem der Vorläufer von EDIFACT, eingeführt und von der UK Article Numbering Association, jetzt GS1 UK, gepflegt und erweitert. Der Standard ist mehr oder weniger veraltet, da seine Entwicklung 1995 zugunsten der EDIFACT-EANCOM-Subsets eingestellt wurde. Trotzdem hat er sich als langlebig erwiesen, und der Großteil des EDI-Verkehrs im Einzelhandel im Vereinigten Königreich verwendet ihn auch heute noch.
ANSI
1979 gründete das American National Standards Institute (ANSI) das Accredited Standards Committee (ASC) X12, um einheitliche Standards für den branchenübergreifenden elektronischen Austausch von Geschäftsvorgängen, den elektronischen Datenaustausch, zu entwickeln. Ursprünglich war ANSI X12 zur Unterstützung von Unternehmen aus verschiedenen Branchen in Nordamerika gedacht, doch heute gibt es weltweit mehr als 300.000 Unternehmen, die X12-EDI-Standards im täglichen Geschäftsverkehr verwenden. ASC X12 trägt auch zu UN/EDIFACT-Nachrichten bei, die außerhalb der Vereinigten Staaten weit verbreitet sind.
VDA
Diese Organisation entwickelt Normen und bewährte Praktiken, um den Bedürfnissen der Unternehmen der deutschen Automobilindustrie gerecht zu werden. Der VDA hat über dreißig Botschaften entwickelt, um den Bedürfnissen von Unternehmen wie VW, Audi, Bosch, Continental und Daimler AG gerecht zu werden. Weitere Informationen zu diesen Botschaften finden Sie über den unten stehenden Link.
UBL
Die Universal Business Language (UBL) wurde 2003 gegründet und kann als Sammlung von standardisierten XML-basierten Geschäftsdokumentenformaten gesehen werden. Die Organisation zur Förderung von Standards für strukturierte Informationen (OASIS) ist Eigentümer der UBL, welche ihren Dokumententyp allen Unternehmen kostenlos zur Verfügung stellt. Durch die Verwendung einer XML-Struktur unterscheidet sich UBL von traditionelleren EDI-Dokumentenformaten.
Herausforderungen beim Einstieg in EDI
Natürlich ergeben sich neben der Herausforderung, das nötige Wissen zu EDI aufzubauen, ganz praktische Themen, die es zu klären gilt. Kommen wir auf das Eingangsbeispiel zurück: Ihr Geschäftspartner möchte mit Ihnen EDI umsetzen. Das wirft Fragen auf:
- EDI klingt gut – aber welches Format soll es denn sein? Aufgabe 1 ist für Sie also: Legen Sie gemeinsam den Standard fest, den Sie zum Austausch nutzen wollen. Ein unabhängiger Standard wie EDIFACT gibt Ihnen Zukunftssicherheit verglichen mit einer systemspezifischen oder individuell abgesprochenen Lösung.
- Sie haben einen Standard für sich gefunden – wie bekommen Sie jetzt aus Ihrem System die Daten in das Standardformat? Und wie wandeln Sie eingehende Dokumente in ein Format um, das Ihr System (z. B. ein SAP ERP) versteht? Aufgabe 2 für Sie: Überlegen Sie sich, wie Sie zuverlässig und performant den Versand und Empfang der Daten im vereinbarten Format umsetzen können. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
- Es ist zu erwarten, dass es nicht bei einem EDI-Dokument und vor allem auch nicht bei einem Geschäftspartner bleibt, mit dem Sie EDI umsetzen wollen. Wie schaffen Sie es, die Umsetzung skalierbar auf weitere Szenarien und Geschäftspartner auszulegen? Aufgabe 3: Planen Sie eine Architektur, die skaliert. Das kann z. B. durch eine umfangreiche, extern eingekaufte Software-Lösung ermöglicht werden, die natürlich entsprechende Kosten mit sich bringt. Alternativ gibt es auch Wege, klein aber skalierbar anzufangen, z. B. über eine Middleware wie die SAP Cloud Platform Integration (SAP CPI). Auf diese Möglichkeit geht mein Kollege in einem anderen Beitrag näher ein.
- Was passiert, wenn Geschäftspartner A mit Ihnen EDIFACT austauschen möchte, Ihr amerikanischer Geschäftspartner B aber ANSI ASC X12? Aufgabe 4: Halten Sie bei Aufgabe 3 auch diese Herausforderung im Hinterkopf, falls Sie in verschiedenen Branchen oder auf verschiedenen Kontinenten tätig sind. In der Regel sind Frage 3 und 4 gut gemeinsam zu beantworten.
Der Übersetzer als skalierbare Lösung
Gerade Frage 3 und 4 lassen sich gut über eine Art „Übersetzer“ lösen – eine Software/ein System/eine Lösung, die dafür sorgt, dass Ihre Dokumente in das gewählte Standardformat umgewandelt werden. Und die ebenfalls dafür sorgt, eingehende Dokumente in ein Format zu überführen, das Ihr System wieder verarbeiten kann. Um das verständlich zu machen, habe ich Ihnen eine kleine Skizze angefertigt, die Folgendes darstellt:
- Sie versenden ein Geschäftsdokument (z. B. eine Bestellung) aus Ihrem System (z. B. aus SAP heraus als IDOC) an den Übersetzer.
- Der Übersetzer wandelt die Daten in den mit dem Geschäftspartner vereinbarten EDI-Standard um und verschickt das Dokument an das Partnersystem, wo es verarbeitet wird.
- Verschickt der Partner ein Dokument, sendet er dies im EDI-Format an Ihren Übersetzer (z. B. die SAP CPI).
- Der Übersetzer wandelt das allgemeine Format in eines um, das Ihr verarbeitendes System versteht, und schickt es an Ihr System, was mit den Daten weiterarbeiten kann.
Der Übersetzer braucht dabei die Eigenschaft, skalierbar auf beliebig viele Szenarios, also mehrere Dokumente und Geschäftspartner, und gleichzeitig flexibel für möglicherweise verschiedene EDI-Standards abhängig vom Geschäftspartner zu sein.
Haben Sie weitere Fragen?
Gerne unterstützen wir Sie dabei, die für Sie relevanten Kriterien für EDI-Dokumente und -Formate aufzustellen und Lösungsmöglichkeiten zu beleuchten. Schreiben Sie mir einfach!